Geschichte des Krebs

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Das Automobilwerk Horch in Zwickau stellt auf einer Messe
1924 seine Produktion aus. Herr Niethammer kauft dort ein
solches Automobil als Privatfahrzeug. Bei Fahrten durch das
Thüringer Land ist einmal beabsichtigt, von Eisenach zur
Wartburg hoch zu fahren. Irgendwo an dem betreffenden Berg
bleibt der "Audi" stehen. Dem Chauffeur M.S. gelingt es nicht,
den Wagen wieder flott zu machen. Es bleibt nur eines, den Berg
rückwärts wieder hinunter. Offenbar geht das sehr langsam und
weil Krebse auch rückwärts kriechen, vielleicht auch über
längere Strecken, hat das Fahrzeug seinen Zusatznamen "Krebs"
erhalten. Wie lange der Audi ein Privatwagen der Familie
Niethammer gewesen ist und wie er die Demontage 1946
überstanden hat, ist nicht bekannt.
Wann er nach geringfügigem Umbau (z.B. eine Zehn-Liter-
Kübelspritze, eine Schlauchhaspel und Anhängerkupplung) in
den Dienst der Feuerwehr gestellt wurde, ist schwer zu sagen.
Für die Feuerwehr konnte ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug
Fabrikat "Naake" über die Demontage gerettet werden. Dieses
Fahrzeug steht aber Anfang der 1950-er Jahre schadhaft im
Fabrikhof Kriebenau. 1947 bis etwa 1953/54 ist noch eine Zugmaschine
mit Hartgummibereifung für die Brandbekämpfung im
Ort und Betrieb im Einsatz. Jedenfalls, die Feuerwehr ist mit
dem umfunktionierten Audi als Zugfahrzeug nicht nur im Ort
und Betrieb besser einsatzbereit, sie wird auch zu überörtlichen
Einsätzen verpflichtet.
Zu Beginn des Aufbaus der Papierfabrik Kriebstein ab 1952 werden
auch die Anforderungen an den Brandschutz größer. Die Entwicklung
bleibt nicht stehen. Die Freiwillige Feuerwehr des VEB
Papierfabrik Kriebstein ist gut ausgerüstet, hat den Brandschutz für
die Gemeinde mit übernommen. So kommt, was kommen muss -
der "Krebs" wird als Zugfahrzeug aus dem Verkehr gezogen. Als
der VEB einen ausgemusterten NVA-Mannschaftswagen erhält, hat
die letzte Stunde geschlagen. Alle Bemühungen zum Verbleib des
Autos in Kriebethal sind erfolglos. Der Wagen wird etwa 1967/68
in das Verkehrsmuseum nach Dresden überstellt.
Im Spätsommer 2005 passiert folgendes: Der frühere Feuerwehr-
Kamerad Michael Funk bekommt das Prospekt eines Automobilmuseums
in die Hand. Beim Durchblättern fällt ihm ein Auto auf
und er liest etwas genauer:
"... Das zweite Leben eines Torpedo - Matte, aufgesprungene
Lackierung, nicht zusammenpassende Reifen, zerrissene Sitzbezüge,
fehlende Ausstattungselemente - dieses in Zwickau
gebaute Fahrzeug war bei Eröffnung des Museums in tristem
Zustand. ... zwei Jahre dauerten die Arbeiten, ... bei der Suche
nach Dokumenten erfuhr man, dass das äußerst seltene Fahrzeug
seine aktive Laufbahn als Feuerwehrhilfsfahrzeug in einer
Fabrik der früheren DDR beendet hatte. Nach vollständiger
Renovierung, ... ist es jetzt wieder völlig fahrbereit." Weiter
heißt es: "Mit seinem von früheren, leichteren Modellen
übernommenen Chassis und seinem schweren 5,6-Liter-Vierzylindermotor
wirkte dieses imposante Torpedo gegenüber
modernen Fahrzeugen wie ein rollender Anachronismus. Die
schwere Karosserie reichte durch bereite Klappsitze bequem für
sechs Insassen." Die ursprüngliche Bezeichnung: Audi E 21/78,
Baujahr 1924
Die früheren Feuerwehr-Kameraden M.F. und R.R. sind daraufhin
in das betreffende Museum gefahren. An Hand des Textes
und der Einmaligkeit des Wagens gibt es keinen Zweifel: Unser
"Krebs" ist wieder aufgetaucht!
Das ehemalige Zugfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr des
VEB Papierfabrik Kriebstein und vorherige Privatfahrzeug steht
im "Nationalen Automobilmuseum in Mulhouse" (Elsass).
Es dürfte dort eine würdige Bleibe gefunden haben.

Quelle: August 2008- Kriebsteiner Gemeindebote, Günter Möbius- Ortschronist

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